Was heißt „Watch and Wait“ bei einer CLL?

Die chronische lymphatische Leukämie (CLL) verläuft in den meisten Fällen langsam und wenig aggressiv. Nach der Diagnose kann es oft noch Monate, Jahre oder sogar Jahrzehnte dauern, bis sich Symptome zeigen.

Nachdem die Diagnose CLL feststeht und die Blutwerte eingehend analysiert wurden, ist in vielen Fällen zunächst keine Behandlung notwendig. Stattdessen beginnt eine Phase mit regelmäßigen Kontroll­untersuchungen, aber ohne Therapie. Das ist die sogenannte „Watch and Wait“-Strategie, zu Deutsch „beobachtendes Abwarten“.

Warum wird nicht jede CLL sofort behandelt? 

Ein Stethoskop liegt auf Zetteln, die Grafiken abbilden

Hintergrund der „Watch and Wait“-Strategie ist, dass eine frühe Behandlung der asymptomatischen CLL nach bisherigen Erkenntnissen keinen Einfluss auf die Überlebens­dauer der Patientinnen und Patienten hat. Ein früher Start der Therapie kann die Betroffenen in diesem Fall durch Nebenwirkungen zusätzlich belasten, ohne Überlebensvorteile zu bringen. Die Kontrollphase ohne Behandlung hat sich daher als Standard­strategie beim Umgang mit frühen Stadien der chronischen lymphatischen Leukämie etabliert.

Wann bin ich ein Fall für „Watch and Wait“?

Sie kommen für diese Phase der aktiven Kontrolle in Frage, wenn Sie sich in den Binet-Stadien A oder B befinden und wenn

  • Sie nicht unter krankheits­bedingten Symptomen leiden
  • sich kein rasches Fortschreiten der Erkrankung andeutet

Ob bei Ihnen als CLL-Patientin oder Patient eher eine „Watch and Wait“-Strategie in Frage kommt oder bereits eine Therapie begonnen werden sollte, sollten Sie im vertrauensvollen Dialog mit Ihrem behandelnden Arzt, beziehungsweise ihrer behandelnden Ärztin klären.

Was passiert während der „Watch and Wait“-Phase?

Ein Arzt sitzt mit einem Mann und einer Frau an einem Tisch

Die Zeit des beobachtenden Abwartens bedeutet für Sie:  

  • In regelmäßigen Abständen zur Kontrolluntersuchung zu gehen.  
  • Wenn Symptome auftreten, die typisch für eine CLL sind, sollten Sie sich bei Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt melden.

Bei den regelmäßigen ärztlichen Kontrollterminen werden Sie auf Symptome hin untersucht und geben eine Blutprobe zur Ermittlung Ihrer aktuellen Blutwerte ab. Daraus lässt sich ersehen, ob Ihre CLL stabil bleibt oder fortschreitet.

Wie oft diese Termine stattfinden, ist individuell verschieden. Normalerwiese sind zunächst etwa alle drei Monate Kontrolltermine angesetzt. Patientinnen und Patienten, deren Blutwerte sich über eine längere Zeit hinweg nicht verändert haben, müssen unter Umständen nur noch alle sechs Monate zur Kontrolluntersuchung.  

Wie lange dauert die „Watch and Wait“-Phase bei CLL?

Die „Watch and Wait“-Phase dauert in der Regel an, solange sich die Blutwerte der Patientinnen und Patienten nicht verschlechtern und sich keine Symptome zeigen. Das kann Monate, Jahre oder auch Jahrzehnte dauern. Etwa die Hälfte aller Patientinnen und Patienten verbleiben sogar dauerhaft in der „Watch and Wait“-Phase und benötigen lebenslang keine Therapie.

Eine aktive Behandlung der CLL beginnt normalerweise erst dann, wenn die Erkrankung fortschreitet. Ein Zeichen dafür kann das Auftreten von körperlichen Symptomen sein.

Auch Patientinnen oder Patienten, deren Untersuchungen und Bluttests eine hohe Anzahl oder einen raschen Anstieg von Krebszellen im Blut, beziehungsweise in den Lymphknoten oder in der Milz aufweisen, müssen oftmals umgehend eine Behandlung beginnen – unabhängig von dem Auftreten von Symptomen.

Was bedeutet die „zweite Watch and Wait-Phase“?

An einen abgeschlossenen Zyklus einer Therapie kann sich erneut eine „Watch and Wait“-Phase anschließen, in der der Krankheitsverlauf lediglich beobachtet wird.

Auf welche Symptome sollte ich während der „Watch an Wait“-Phase achten?

Gemäß den Richtlinien des „International Workshop on CLL“ wird eine Behandlung empfohlen, sobald Symptome wie Schwäche/Müdigkeit, Nachtschweiß, unerklärter Gewichtsverlust und/oder länger anhaltendes Fieber unerklärter Ursache auftreten. Auch das starke Anschwellen der Lymphknoten oder der Milz sind ein Hinweis auf ein Fortschreiten der Erkrankung.

„Watch and Wait“ kann auch eine emotionale Belastung sein

Eine Frau stützt ihren Kopf auf ihre gefalteten Hände und schaut nachdenklich in die FerneNicht zu wissen, wie es mit der Krankheit weitergeht und wie lange die Phase ohne Behandlung dauert, kann Sie verunsichern und emotionalen Stress auslösen. Das ist vollkommen normal. Vielleicht stellen Sie aber auch fest, dass Ihre Sorgen während des aktiven Beobachtens mit der Zeit nachlassen und die Krankheit in den Hintergrund tritt. Auf jeden Fall sollten Sie stets Ihre Sorgen mit Ihrem Behandlungsteam besprechen. In der „Watch and Wait“-Phase ist es wichtig, sich eines immer wieder ins Gedächtnis zu rufen: Dieser Ansatz ist wissenschaftlich untersucht und bedeutet nicht, dass Ihr Behandlungsteam Sie aufgibt oder Ihnen eine notwendige Therapie vorenthält.

Zusammenfassung

„Beobachtendes Abwarten“ (auf Englisch „Watch and Wait“) ist die Bezeichnung einer Phase, in der die CLL nicht aktiv behandelt wird. Diese Strategie ist Standard im Umgang mit frühen symptomlosen Stadien der CLL. Ein frühzeitiger Start der Behandlung hat nach bisherigen Erkenntnissen keinen Einfluss auf die Überlebensdauer und würde gegebenenfalls zu unnötigen Nebenwirkungen führen. Patientinnen und Patienten in dieser Phase bekommen regelmäßige Termine für Kontrolluntersuchungen. Beim Auftreten bestimmter Symptome, die auf ein Fortschreiten der CLL hindeuten, sollten sie ihr Behandlungsteam verständigen. Wie lange diese Phase dauert, ist individuell unterschiedlich.

Wissenstest: „Watch and Wait“-Strategie und Therapiebeginn

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