Die Behandlung der chronischen lymphatischen Leukämie (CLL) hat in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht. Die Zeit, in der nur Chemotherapie / Chemoimmuntherapie als Behandlungsweg existierte, ist lange vorbei. Bei der CLL-Therapie haben sich inzwischen andere Optionen für die meisten Patient:innen als deutlich wirksamer erwiesen. Das wird auch in der aktuellen medizinischen Leitlinie von Januar 2023 erneut unterstrichen. Die Chemotherapie / Chemoimmuntherapie wird bei CLL heutzutage nur noch sehr gezielt bei bestimmten Patient:innen eingesetzt.
Was ist eine Chemotherapie?
Bei einer Chemotherapie erhalten Patient:innen sogenannte Zytostatika. Das sind Wirkstoffe, die das Zellwachstum verlangsamen oder stoppen, indem sie die Zellteilung hemmen. Eine Chemotherapie wirkt im ganzen Körper und schädigt vor allem Zellen, die sich häufig teilen. Neben Tumorzellen sind daher auch gesunde Zellen betroffen, zum Beispiel Zellen des Knochenmarks, des Blutes oder der Haarwurzeln.
Patient:innen durchlaufen mehrere Zyklen, in denen sie Zytostatika erhalten, unterbrochen von Ruhepausen.
Mögliche Nebenwirkungen einer Chemotherapie
Der Gedanke an eine Chemotherapie und ihre Folgen erzeugt bei vielen Betroffenen Angst. Da Chemotherapien auch gesunde Zellen angreifen, kann es je nach Wirkstoff, Dosierung und Dauer der Therapie zu verschiedenen, leichten bis schweren Nebenwirkungen kommen. Möglich sind unter anderem:
- Übelkeit und Erbrechen
- Haarausfall
- schmerzhafte Entzündungen im Mund- und Rachenraum
- Schwächungen des Immunsystems durch Abnahme der roten und/oder weißen Blutkörperchen
- Venenreizungen
- Müdigkeit und Erschöpfung
Diese Nebenwirkungen gehen meist nach Behandlungsende wieder zurück.
Chemotherapie plus Immuntherapie: die Chemoimmuntherapie
Wenn bei Patient:innen mit CLL eine Chemotherapie zum Einsatz kommt, wird diese, abgesehen von einigen wenigen Ausnahmen, nur noch in Verbindung mit einer Immuntherapie – als sogenannte Chemoimmuntherapie – angewendet.
Bei einer Immuntherapie werden sogenannte monoklonale Antikörper verabreicht. Diese heften sich an bestimmte Eiweiße, die sich auf der Oberfläche von Krebszellen befinden, und führen über verschiedene Wirkmechanismen den Zelltod herbei.
Chemoimmuntherapie bei CLL: Wann wird sie eingesetzt?
Doch wann und wie wird die Chemoimmuntherapie bei der Behandlung der CLL überhaupt noch angewendet? Die aktuelle Leitlinie weist ausdrücklich auf die „signifikant reduzierte Wirksamkeit“ der Chemoimmuntherapie im Vergleich zu zielgerichteten Therapien hin.
Die Chemoimmuntherapie kommt aus diesem Grund nur noch in bestimmten Fällen zum Einsatz, zum Beispiel wenn Patient:innen für die Behandlung mit zielgerichteten Therapien nicht geeignet sind. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn die Patient:innen schwere Begleiterkrankungen von Herz oder Nieren aufweisen. Sollte bei CLL-Patient:innen nach einer Chemoimmuntherapie der Krebs zurückkehren, empfiehlt die Leitlinie inzwischen keine Wiederholung dieser Therapie, sondern eine Behandlung mit den neuen Substanzen.
Welche Rolle spielen genetische Faktoren?
Vor Behandlungsbeginn werden bei den Patient:innen die sogenannten genetischen Faktoren der krankhaft veränderten Zellen geprüft. Das sind Besonderheiten im Erbgut der CLL-Zellen. Diese können Aufschluss darüber geben, bei welchen Therapieverfahren die Chancen für einen Erfolg am höchsten sind.
Die sogenannte TP53-Mutation und die 17p-Chromosomen-Deletion sind z. B. Mutationen, die, wenn sie in den durch die CLL veränderten Zellen vorkommen, dazu führen können, dass die Krankheit schlechter auf eine Chemoimmuntherapie anspricht. Daher wird die Chemoimmuntherapie für diese Betroffenen nicht empfohlen.
Welche Chemotherapie-Wirkstoffe können bei einer CLL zum Einsatz kommen?
Für die begrenzte Zahl an Patient:innen mit CLL, die überhaupt für eine Chemoimmuntherapie infrage kommen, stehen vier Chemotherapie-Wirkstoffe zur Verfügung: Bendamustin, Chlorambucil, Cyclophosphamid und Fludarabin.
Bei der Auswahl des jeweiligen Wirkstoffs berücksichtigen Expert:innen individuelle Faktoren wie die körperliche Verfassung und das Vorliegen weiterer Erkrankungen. Das Lebensalter spielt dabei eine eher untergeordnete Rolle.
Wird eine CLL immer medikamentös behandelt?
Menschen mit einer CLL werden nicht zwangsläufig sofort mit Medikamenten behandelt. Häufig schreitet die Krankheit nur so langsam fort, dass es aus ärztlicher Sicht oft reicht, ihren Verlauf lediglich durch regelmäßige Untersuchungen zu beobachten. Diese Phase nennt man „Watch and Wait“ („Beobachtendes Abwarten“).
Zusammenfassung
Bei der Behandlung der CLL ist die Chemotherapie / Chemoimmuntherapie inzwischen zum Auslaufmodell geworden. Der wichtigste Grund dafür ist die deutlich bessere Wirksamkeit der zielgerichteten Therapien. Dies spiegelt sich auch in der aktuellen medizinischen Leitlinie zur Behandlung der CLL vom Januar 2023 wider. In besonderen Fällen kann die Chemoimmuntherapie allerdings weiterhin zum Einsatz kommen.