Fortlaufend werden neue Therapien entwickelt. Ein oft unverzichtbares Hilfsmittel dabei sind die sogenannten klinischen Studien. Doch was ist das überhaupt? Und was haben CLL-Patient:innen davon?
Was sind klinische Studien?
Unter klinischen Studien versteht man wissenschaftliche Untersuchungen mit freiwilligen Teilnehmer:innen, den sogenannten Proband:innen, beziehungsweise Patient:innen. Bei klinischen Studien werden neue und auch bereits etablierte Medikamente an Menschen getestet. An die Verfahren werden hohe Sicherheits- und Qualitätsanforderungen gestellt. Bereits vor Beginn herrschen strenge Auflagen.
Bevor eine klinische Studie überhaupt startet, hat das neue Medikament bereits die sogenannte präklinische Phase durchlaufen. Das bedeutet, dass seine Wirkung, seine Verträglichkeit, die Toxizität und die geplante Dosierung bereits anhand von Zell- und Tierversuchen untersucht worden sind.
Nur Wirkstoffe, die sich dabei als sicher und erfolgversprechend erwiesen haben, werden anschließend am Menschen getestet.
Die für klinische Studien notwendigen Behandlungen und Untersuchungen können in einer Klinik, aber auch in einer ärztlichen Praxis vorgenommen werden.
Welche Vor- und Nachteile kann die Teilnahme an klinischen Studien bringen?
Wenn Patient:innen die Teilnahme an einer klinischen Studie vorgeschlagen wird, gilt es, Pro und Contra abzuwägen.
Mögliche Vorteile:
- Die Teilnehmer:innen erhalten Zugang zu neuen Behandlungsformen.
- Dabei werden sie intensiv medizinisch versorgt und gründlich untersucht.
- Teilnehmer:innen von klinischen Studien leisten einen Beitrag zum Fortschritt der Medizin.
- Klinische Studien können durch die Teilnehmer:innen jederzeit abgebrochen werden.
Mögliche Nachteile
- Es gibt keine Garantie, dass das neue Studien-Medikament besser wirkt als andere, bereits erhältliche Medikamente.
- Auch bei neuen Medikamenten können Nebenwirkungen auftreten.
- Es ist nicht garantiert, dass alle Teilnehmer:innen tatsächlich das Studien-Medikament bekommen. Es kann sein, dass eine Studiengruppe den neuen Wirkstoff erhält, die andere mit der bereits zugelassenen Therapie behandelt wird. Wenn es um Studien mit Krebspatient:innen gibt werden die Teilnehmer:innen auf jeden Fall behandelt, sofern eine zugelassene Behandlung existiert.
- Placebos (also Scheinmedikamente) werden in Studien in der Krebsforschung nur noch sehr selten eingesetzt. Grund ist, dass es ethisch nicht vertretbar ist, Patient:innen eine wirksame Therapie vorzuenthalten.
Warum gibt es klinische Studien?
Klinische Studien werden unter anderem benötigt, um neu entwickelte Medikamente auf ihre Wirksamkeit und Verträglichkeit zu prüfen und damit letztlich auch die allgemeine medizinische Versorgung zu verbessern. Auch geht es darum, mögliche Risikofaktoren wie Nebenwirkungen bei neuen und bereits etablierten Medikamenten zu erkennen, die bislang noch nicht aufgefallen sind.
Wie lange dauern klinische Studien?
Klinische Studien können unterschiedlich lange laufen. Dabei kommt es auf das Medikament und die geplante Wirkung an. Die Studien können bereits nach einigen Monaten abgeschlossen sein, sie können aber auch mehrere Jahre lang andauern.
Spätere Kontrolluntersuchungen beziehungsweise Nachbeobachtungen können die Dauer noch verlängern.
Wie sicher sind klinische Studien?
Die Sicherheit der Teilnehmer:innen hat bei klinischen Studien Priorität. Es gelten strenge Rechts- und Sicherheitsbestimmungen, wissenschaftliche und ethische Standards – und das nicht nur für die Durchführung, sondern auch für die Planung, die Dokumentation und die anschließende Berichterstattung.
Die Proband:innen werden medizinisch sehr engmaschig kontrolliert. Wenn nötig – zum Beispiel bei unerwartet starken Nebenwirkungen – werden die Behandlungen sofort abgebrochen. Teilnehmer:innen werden von den Auftraggeber:innen zudem gegen mögliche Schäden versichert.
Wer gibt klinische Studien in Auftrag?
Auftraggeber:innen von klinischen Studien sind meist Pharmaunternehmen. Aber auch Institutionen wie Ministerien, Universitäten oder Patientenorganisationen können solche Studien in Auftrag geben.
Bekommen Studienteilnehmer:innen eine Aufwandsentschädigung?
Das ist unterschiedlich und variiert je nach Studie. Mindestens werden jedoch die Fahrtkosten der Patient:innen übernommen.
Wie läuft eine klinische Studie ab?
Eine klinische Studie ist in der Regel in 5 Stufen unterteilt:
- Das ärztliche Aufklärungsgespräch
Zunächst klären Ärzt:innen interessierte Patient:innen darüber auf, was erforscht wird, was über das neue Medikament bekannt ist und wie die Behandlung ablaufen würde. - Die Entscheidung
Auf Grundlage des Gespräches entscheiden die Patient:innen, ob sie an der Studie teilnehmen wollen. Ein Abbruch ist jederzeit möglich. - Der Beginn der Behandlung
Stimmen Patient:innen der Behandlung im Rahmen einer klinischen Studie grundsätzlich zu, wird zunächst untersucht, ob sie die Voraussetzungen für die Teilnahme erfüllen. Manchmal kommt es vor, dass Patient:innen die Einschlusskriterien nicht erfüllen. Die Teilnehmer:innen, die zugelassen werden, werden dann nach dem Zufallsprinzip aufgeteilt:
Entweder bekommen die Proband:innen dann während der Laufzeit der Studie das neue Medikament oder die Proband:innen kommen in die sogenannte Kontrollgruppe. Das bedeutet, dass sie nach den Vorgaben der jeweiligen medizinischen Leitlinie behandelt werden, also nach dem aktuellen Stand der Medizin, jedoch nicht mit dem Studien-Medikament.
- Die Studie läuft
Während die Studie läuft, werden die Proband:innen aller Gruppen regelmäßig untersucht. Ärzt:innen und Teilnehmer:innen dokumentieren alle möglichen Beschwerden. - Auswertung
Nach Ende der Studie werden die Ergebnisse ausgewertet. Die Daten der Proband:innen werden dabei anonymisiert.
Wenn es zum Beispiel um ein neues Medikament geht und die Studie erfolgreich ist, kann die Zulassung beantragt werden.
Woran erkennt man eine seriöse Studie?
Eine seriöse Studie erkennen Teilnehmer:innen an den folgenden Kriterien:
- Die Studie erscheint in einem öffentlichen Studienregister wie www.drks.de oder www.clinicaltrials.gov
- Vor Beginn der Studie liegt ein Studienprotokoll vor. Dieses erklärt, wie die Studie abläuft.
- Die Auftraggeber:innen einer Studien verpflichten sich, die gewonnenen Ergebnisse zu veröffentlichen.
- Die Studie basiert auf bereits vorhandenem Wissen, ihr ist eine Literaturrecherche sowie präklinische Untersuchungen vorausgegangen.
- Die Studie wurde zuvor von einer Ethikkommission genehmigt.
Was sollte vor der Teilnahme geklärt werden?
Wenn Sie an einer klinischen Studie teilnehmen möchten, sollten Sie zuvor auf jeden Fall mit Ihrem Behandlungsteam den Ablauf und die Dauer der Studie klären, die geltenden Rahmenbedingungen kennen und den voraussichtlichen Nutzen mit den möglichen Risiken vergleichen. Wichtig ist auch zu wissen, welche Verpflichtungen Sie während der Laufzeit der Studie eingehen (also zum Beispiel Dokumentationspflichten). Gemeinsam mit Ihrem Arzt/Ihrer Ärztin wird geprüft, ob Sie die Ihnen bereits vorliegenden Einschlusskriterien wie z. B. Alter, ein bestimmtes genetisches Risiko oder Komorbitäten erfüllen, um an der Studie teilnehmen zu können.
Klinische Studien bei CLL: Was wird erforscht?
Auch Therapien der chronischen lymphatischen Leukämie werden in klinischen Studien erforscht. Eine Übersicht der Uniklinik Köln listet entsprechende Studien auf.
Untersucht werden dabei Primär- und Rezidivtherapien.
Primärtherapien sind Behandlungen, die bei einer neu festgestellten, bisher untherapierten CLL angewendet werden. Rezidivtherapien kommen zum Einsatz, wenn der Krebs nicht mehr auf die ursprünglich angewendete Therapie anspricht und sich die Blutwerte wieder verschlechtern. Diese „Rückkehr“ der Erkrankung wird als Rezidiv bezeichnet.
In den klinischen Studien zur CLL werden zum einen neue Therapien untersucht, aber auch bereits bekannte Behandlungen miteinander kombiniert und verglichen.
Zusammenfassung
Die Zulassung neuer Krebstherapien ist nicht ohne klinische Studien möglich. Teilnehmer:innen solcher Studien leisten daher einen wichtigen Beitrag für die Forschung. Das gilt besonders bei Erkrankungen, die – wie die CLL – als relativ selten gelten. Denn aufgrund der Seltenheit stehen auch weniger potentielle Proband:innen zur Verfügung.
Aber nicht alle Studien sind im individuellen Fall sinnvoll. Interessierte sollten sich die Ziele, Methoden und Rahmenbedingungen vorher genau ansehen und zusammen mit Ihrem Behandlungsteam Chancen und Risiken gegeneinander abwägen.