Nebenwirkungsmanagement bei CLL: Auch Patient:innen können etwas tun

Ältere Frau liegt erschöpft auf dem Sofa

Mit den heute zur Verfügung stehenden Therapien ist es inzwischen fast immer möglich, die chronische lymphatische Leukämie (CLL) zurückzudrängen und krankheitsbedingte Beschwerden zu lindern.

Leider können auch bei modernen Behandlungen unterschiedliche Nebenwirkungen auftreten. Der Umgang damit, das sogenannte Nebenwirkungsmanagement, ist mittlerweile bei allen Therapieverfahren Bestandteil der Behandlung. CLL-Patient.innen können dabei mithelfen.

 

Nebenwirkungen: Was ist das eigentlich?

Unter Nebenwirkungen versteht man schädliche, unbeabsichtigte Reaktionen, die bei ordnungsgemäßer Anwendung eines Arzneimittels auftreten.

Oft werden sie durch den Wirkmechanismus des Medikaments hervorgerufen.

Bei Menschen mit CLL kommen heutzutage häufig Zielgerichtete Therapien zum Einsatz. Dabei werden unter anderem sogenannte BTKi (Bruton-Tyrosinkinase-Inhibitoren) genutzt.

BTKi hemmen ein bestimmtes Signalmolekül (genannt BTK) im Inneren der weißen Blutzellen vom Typ der B-Zellen. Das sind genau die Zellen, die sich bei Menschen mit CLL krankhaft verändern und sich dann unkontrolliert vermehren. BTK ist wichtig für Wachstum und Vermehrung der B-Zellen.

Bleiben die Signale des BTK aus, kann es zum Wachstumsstopp bei den B-Zellen und dadurch zum Tod der krankhaft veränderten B-Zellen kommen. Das kann das Fortschreiten der CLL verlangsamen, beziehungsweise stoppen.

 

Nebenwirkungen bei Therapie mit BTKi

Bei der Behandlung mit BTKi können je nach Patient:in und eingesetztem Wirkstoff sehr unterschiedliche Nebenwirkungen auftreten. Möglich sind unter anderem Blutarmut (Anämie), Bluthochdruck oder Lungenentzündungen.

Ausmaß und Intensität von Nebenwirkungen werden von Patient:innen sehr unterschiedlich wahrgenommen. Auch die Beeinflussung der Lebensqualität kann sich je nach Fall unterscheiden. Beschwerden können sowohl durch die Therapie hervorgerufen werden als auch krankheitsbedingt sein. Grundlegend wichtig ist es daher in diesem Zusammenhang, Beschwerden, die neu auftreten oder sich verschlimmern, immer mit Arzt oder Ärztin zu besprechen. Falls es sich um Nebenwirkungen handelt, kann er oder sie möglicherweise Empfehlungen geben, was zu tun ist, um Symptome zu lindern. Und auch für den Umgang mit erkrankungsbedingten Beschwerden gibt es Empfehlungen, die Ärztin oder Arzt Ihnen nennen kann.

Eine Liste der bekannten Nebenwirkungen Ihrer Therapie findet sich auch in der Patienteninfo (der Packungsbeilage).

Dass Nebenwirkungen bei bestimmten Patient:innen bereits aufgetreten sind, heißt jedoch nicht, dass sie bei allen Patient:innen auftreten.

Beipackzettel richtig lesen: Was heißt „häufige oder „seltene“ Nebenwirkungen?

Auf den Beipackzetteln zu Medikamenten finden sich (meist recht lange) Listen von Nebenwirkungen. Aufgeteilt sind sie in verschiedene Kategorien:

Sehr häufig: Die genannte Nebenwirkung tritt bei mehr als 1 von 10 behandelten Patient:innen auf.

Häufig: Die Nebenwirkung tritt bei 1 bis 10 von 100 behandelten Patient:innen auf.

Gelegentlich: Die Nebenwirkung tritt bei 1 bis 10 von 1000 behandelten Patient:innen auf.

Selten: Es ist mit 1 bis 10 Fällen bei 10.000 Patient:innen zu rechnen.

Sehr selten: Betroffen sind weniger als 1 von 10.000 Patient:innen.

 

Was Sie selbst tun können

Bei einigen Nebenwirkungen, die bei der Therapie mit BTKis eventuell auftreten können, können Patient:innen mithelfen, um die Beschwerden zu lindern. Das sollte natürlich nur in Absprache mit Arzt/Ärztin passieren. Lesen Sie daher immer zuerst die Gebrauchsinformation der eingenommenen Medikamente und sprechen Sie mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt.

Hier drei Beispiele:

Mögliche Nebenwirkung Kopfschmerzen

Wenn Kopfschmerzen als Nebenwirkung auftreten, dann passiert dies bereits häufig zu Beginn der Therapie. Solche Kopfschmerzen lassen sich meist sehr gut mit Koffein behandeln. Daher können, nach Absprache mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin, Kaffee trinken oder die Einnahme von Koffeintabletten sehr hilfreich sein.

Auch ausreichend Schlaf und/oder Yoga-Übungen können ein Mittel gegen (oder zur Vorbeugung von) Kopfschmerzen sein.

Innerhalb von etwa fünf Tagen verschwinden die Kopfschmerzen meist wieder.

Sollten die Kopfschmerzen länger anhalten oder ungewöhnlich stark ausfallen, kann auch das Einholen eines ärztlichen Rats notwendig sein.

Mögliche Nebenwirkung Übelkeit

Wenn bei einer Therapie mit BTKi‘s Übelkeit als Nebenwirkung auftritt, so passiert dies häufig innerhalb von ein bis zwei Stunden nach der Medikamenteneinnahme.

Bei Übelkeit sind mehrere kleine, leicht verdauliche Mahlzeiten zu empfehlen. Wenn Sie bei ausgeprägter Übelkeit nur wenig auf einmal essen können, sollten Sie alle 1 bis 2 Stunden etwas zu sich nehmen.

Weitere Tipps zu gesunder Ernährung, speziell bei CLL, finden Sie hier.

Mögliche Nebenwirkung Durchfall

Wenn es bei Ihnen zu Durchfall als Nebenwirkung kommt, gibt es einiges zu beachten und einige Möglichkeiten:

  • Trinken Sie ausreichend. Zusätzlich zu den generell empfohlenen 1,5 Litern täglich geht es darum, den Flüssigkeitsverlust, der über den Darm stattfindet, auszugleichen. Je nach Stärke des Durchfalls kann es nötig sein, zum Beispiel statt 1,5 Liter deutlich mehr Flüssigkeit aufzunehmen.
  • Bei stärkerem oder länger dauerndem Durchfall brauchen Betroffene vermehrt Elektrolyte (also zum Beispiel Natrium und Kalium). Es gibt fertige Elektrolytlösungen in der Apotheke zu kaufen, die speziell für die Einnahme bei Durchfall gedacht sind.
  • Bei Durchfall sollte man den Aufenthalt in der Hitze und anstrengenden Sport vermeiden. Denn auch beim Schwitzen verlieren Sie Flüssigkeit und Elektrolyte.
  • Achten Sie darauf, dass Sie bei Durchfall Sanitäranlagen in Reichweite haben. Verwenden Sie bei wässrigem Durchfall außer Haus Inkontinenzeinlagen.
  • Vermeiden Sie stark gewürzte, scharfe und sehr fettige Speisen sowie Kaffee.
  • Insbesondere bei begleitenden Blähungen vermeiden Sie nach Möglichkeit blähendes Gemüse wie Kohl und Linsen.
  • Leicht stopfende Lebensmittel wie Reis, Bananen und beispielsweise Zwieback können bei Durchfall helfen, den Verdauungsprozess zu verlangsamen.

 

Was sind Wechselwirkungen? Worauf ist zu achten?

Nicht nur Nebenwirkungen können bei der Einnahme von Medikamenten zu unerwünschten Effekten führen, es gibt auch die sogenannten Wechselwirkungen.

Darunter versteht man, dass Arzneimittel sich gegenseitig in ihrer Wirkung beeinflussen, verstärken oder abschwächen können.

Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn zwei Arzneimittel über dasselbe Enzym verstoffwechselt werden. Dies kann letztlich zu Konzentrationsverschiebungen und somit zu Wechselwirkungen führen.

Zum Beispiel können Arzneimittel, die zur Senkung des pH-Werts im Magen führen, die Aufnahme anderer Arzneimittel beeinflussen. Bestimmte Arzneimittelkombinationen sollten daher von vornherein vermieden werden, beziehungsweise Ihr Arzt oder Ihre Ärztin wird darauf achten, was er oder sie verschreibt.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang: Auch freiverkäufliche Arzneimittel, Nahrungsergänzungsmittel oder bestimmte Nahrungsmittel können Wechselwirkungen auslösen. Dies sollte man vor der Einnahme immer abklären lassen.

Auskunft über möglich Wechselwirkungen können Arzt oder Ärztin oder Apotheken-Mitarbeiter:innen geben. Informationen stehen auch in den Beipackzetteln von Arzneimitteln.

 

Neben- oder Wechselwirkungen?

Für Patient:innen ist es in der Regel nicht möglich zu erkennen, welchen Auslöser Beschwerden während der CLL-Therapie haben. Möglich sind etwa:

  • Krankheitssymptome
  • Nebenwirkungen der Medikamente
  • Wechselwirkungen
  • ganz andere Ursachen

Denkbare andere Ursachen können zum Beispiel auch Fehler bei der Einnahme sein, etwa ein falscher Zeitpunkt oder eine falsche Dosierung der Medikamente.

Die Einhaltung der vorgegebenen Einnahmezeiten und Dosierungen ist daher enorm wichtig (der Fachbegriff dafür heißt Adhärenz).

Das Führen eines Patiententagebuchs kann Ihnen und Ihrem Behandlungsteam dabei helfen, der Ursache von Beschwerden auf den Grund zu gehen. In einem solchen Tagebuch werden die Symptome und ihre Dauer und Intensität von Ihnen möglichst genau festgehalten.

 

Zusammenfassung:

Bei der Therapie der CLL kann es leider auch zu Nebenwirkungen (oder auch Wechselwirkungen) kommen. Dabei machen auch moderne Verfahren wie der Einsatz der sogenannten BTKi keine Ausnahme. Die BTKi hemmen das Signal zum Wachstum der B-Zellen, die sich bei einer CLL krankhaft vermehren. So kann es zum Tod der Krebszellen kommen. Das kann allerdings auch zu Nebenwirkungen führen.

Gegen einige leichtere Nebenwirkungen wie etwa Kopfschmerzen, Übelkeit oder Durchfall können Patient:innen selbst etwas tun. Wichtig ist, das Behandlungsteam über Beschwerden während der Therapie zu informieren.